Sonntag, 18. März 2012

Vogelspinnen fotografieren - Bildbearbeitung

Willkommen zum fünften Teil der Serie "Vogelspinnen richtig fotografieren".

5. Bildbearbeitung - der letzte Feinschliff mit Photoshop und Co.
Die Fotosession ist vorbei - in freudiger Erwartung lädt man das Bildmaterial auf seinen Rechner, um es im dann im Internet zu präsentieren, oder auszudrucken. Doch zunächst sollten die Fotos auf geeignete Weise bearbeitet werden. Wie, warum und mit welchen Programmen - das möchte ich Euch hier kurz vorstellen.

Warum? Vergleicht man die hohen Auflösung heutiger Digitalkameras (z.B. Canon EOS 550D mit 5.184 x 3.456 Pixeln) mit Monitorauflösungen (Full-HD = 1920 x 1080 Pixel), dann fällt auf, dass ein Foto einer Digitalkamera oft doppelt so hoch aufgelöst ist. Betrachtet man also ein frisch importiertes Foto in seiner nativen Auflösung, dann sieht man nur einen Teilausschnitt.

Möchte man sein Foto für das Internet optimieren, dann reicht eine Auflösung von ca. 800 x 600 oder 1024 x 768 Pixeln vollkommen aus. Zum Ausdrucken sollte man hingegen immer die höchst mögliche Auflösung verwenden.

Die meisten Internetdienste, wie facebook oder flickr, verkleinern und kompromieren die Fotos bereits beim Hochladen - warum also sollte man sich die Mühe machen, seine Fotos manuell zu bearbeiten?

Die Antwort ist einfach: Je nach Verkleinerungsalgorithmus und Komprimierung kann die Qualität des Fotos erheblich leiden.

Für optimale Ergebnisse sollte man seine Fotos also lieber selber bearbeiten. Neben der Auflösung kann man außerdem Kontrast, Farbwerte, Farbsättigung, Belichtung und die Schärfe anpassen.

Zusätzlich hat man die Möglichkeit einen anderen Bildausschnitt zu wählen, um die Bildkomposition interessanter zu gestalten.

Programme
Die Anzahl der erhältlichen Bildbearbeitungsprogramme ist natürlich sehr groß. Ich möchte einige kostenpflichtige und einige kostenlose kurz vorstellen.
  • Photoshop - Das Flaggschiff von Adobe. Die aktuellste Version ist CS5 und kostet stolze 900€. Für unsere Zwecke wäre das Benutzen von Photoshop allerdings wie das berühmte "mit Kanonen auf Spatzen schießen". Photoshop CS5 ist eher ein Tool für professionelle Fotografen und Designer.
  • Gimp - Gimp ist im Prinzip das kostenlose Gegenstück zu Photoshop. Funktionsumfang und Bedienung sind sehr ähnlich.
  • Photoshop Elements - Photshop Elements kann man als abgespeckte, massentaugliche Version von Photoshop bezeichnen. Die aktuelle Version 10 kostet humane 70€ und deckt eigentlich alle Funktionen ab, die sich der Normalverbraucher wünschen kann. Mein persönlicher Tipp für den ambitionierten Hobbyfotografen!
  • Lightroom - Ebenso wie Photoshop und Photoshop Elements, kommt Lighroom aus der Schmiede von Adobe. Es dient zur übersichtlichen Verwaltung und Bearbeitung von Fotos, insbesondere im RAW-Format. Großer Vorteil gegenüber Photoshop ist die äußerst einfache Bedienung und die Massenverarbeitung. Außerdem sind direkt Dienste integriert, um Fotos im Internet zu veröffentlichen, oder um Diashows für die eigene Webseite zu generieren. In Version 3 kostet Lightroom 190€.
  • RAW Therapee - Die kostenlose Alternative zu Lightroom, mit ähnlichem Funktionsumfang und Einsatzbereich.
  • Picasa - Ein einfach gehaltenes, kostenloses Bildbearbeitungs- und Verwaltungsprogramm aus dem Hause google. Mein persönlicher Tipp für Anfänger!
  • Irfanview - Ein kostenloses Programm zur Bildbetrachtung, das im kleinen Umfang auch Bearbeitung erlaubt. Einfach zu bedienen und sehr minimalistisch. Sehr empfehlenswert!
Wie?
Im folgenden möchte ich einen typischen Ablauf einer Bildbearbeitung beschreiben, der unabhängig vom Programm immer ungefähr gleich abläuft. Fangen wir dem unbearbeiteten Original an.

Pterinochilus murinus, fotografiert mit Spiegelreflexkamera Nikon D-200. 

Man beachte, dass das Foto beim Hochladen bereits durch blogger.com von 3872 x 2592 Pixeln und 4.08 MegaByte auf 1600 x 1071 Pixel und 150 KiloByte verkleinert und komprimiert worden ist!
1. Anpassen der Größe
Zunächst sollte man sich Gedanken über die Bildkomposition machen. Beim obigen Beispielfoto möchte ich die Spinne mittig und dominant präsentieren und dafür einen kleineren Bildausschnitt wählen. Meine Zielgröße für das Internet soll 800 x 600 Pixel sein. Ich verkleinere also zunächst das Original mit dem Programm meiner Wahl auf 1024 x 685 Pixel. Warum diese Größe? Ich nehme eine größere Auflösung als Zielgröße, weil ich einen Bildausschnitt haben möchte. Die Breite bestimme ich als 1024, die 685 sollte automatisch berechnet werden, damit das Seitenverhältnis bestehen bleibt.

Beispiel Irfanview: Bild -> Größe ändern -> Neue Größe: Breite: 1024 -> OK
Beispiel Photoshop: Bild -> Bildgröße: Breite: 1024 -> OK (Algorithmus sollte auf "Bikubisch" stehen)
2. Bildausschnitt
Jetzt erstellt man sich einen Rahmen bzw. eine Markierung für die Zielgröße von 800 x 600 Pixeln. Optimal ist es, wenn das Bildberarbeitungsprogramm eine Funktion anbietet, um diesen Rahmen sichtbar verschieben zu können.

Beispiel Irfanview: Bearbeiten -> Spezielle Markierung erstellen... -> 1) Seitenverhältnis Breite /Höhe: Kein, 2) Breite: 800, Höhe: 600 (Pixel) -> Auf Bild anwenden

Hält man nun die rechte Maustaste gedrückt, dann kann man den Rahmen so verschieben, wie man möchte. Hat man die gewünschte Position gefunden, dann schneidet man das Foto mit "Bearbeiten -> Ausschneiden - Markierung" aus. Über "Bild -> Neues (leeres) Bild erstellen... -> OK" erstellt man ein neues Bild und fügt das ausgeschnittene über "Bearbeiten -> Einfügen" ein.

Ergebnis nach Verkleinern und Ausschneiden mit Irfanview.

Beispiel Photoshop: Auswahl "Auswahlrechteck-Werkzeug", Art: Feste Größe, B: 800 px, H: 600px. Mit Linksklick auf das Foto erscheint die Markierung, mit gedrückter linker Maustaste lässt sie sich verschieben.
Über "Bearbeiten -> Ausschneiden" schneidet man den gewünschten Ausschnitt aus. Über "Datei -> Neu... -> OK" erstellt man ein neues Bild und fügt das ausgeschnittene mit "Bearbeiten -> Einfügen" ein.

Ergebnis nach Verkleinern und Ausschneiden mit Photoshop CS4.

3. Anpassen von Kontrast, Helligkeit und Farben
Komplexe Bildbearbeitungsprogramme wie Photoshop bieten eine Vielzahl an Möglichkeiten, um Kontrast, Helligkeit und die Farben anzupassen. Wir beschränken uns in diesem Beitrag auf die automatischen Korrekturfunktionen, die eigentlich jedes Programm mitliefert. Besonders die Korrektur der Farben ist Geschmackssache. Die Einen bevorzugen einen wärmeren Rotstich, die anderen einen kühleren Blaustich.
Beispiel Irfanview: Bild -> Auto-Korrektur
In den meisten Fällen erreicht man so ein passables Ergebnis. (Bild wird auch automatisch geschärft!)

Ergebnis nach Auto-Korrektur mit Irfanview.

Mir persönlich ist das Foto minimal zu hell und die Farben zu intensiv. Kleine Korrekturen holt man jetzt über "Bild -> Farben ändern..." nach. Den Regler "Farbsättigung" stelle ich auf -30, Helligkeit auf -10 und bestätige mit "OK". Hier lassen sich außerdem Kontrast und einzelne Farbwerte regulieren.

Ergebnis nach manueller Korrektur mit Irfanview.

Beispiel Photoshop: Bild -> Auto-Kontrast, Bild -> Auto-Farbe

Ergebnis nach Auto-Kontrast und Auto-Farbe mit Photoshop CS4.

Die Farben sind mir ebenfalls zu intensiv. Bei Auswahl der Hauptebene und Doppelklick auf "Farbton/Sättigung" wird eine neue Ebene erstellt. "Sättigung" stelle ich auf -15.

Ergebnis nach manueller Korrektur der Farbsättigung mit Photoshop CS4.

4. Anpassen der Schärfe
Grundsätzliche sollte man bereits in den Kameraeinstellungen eine möglichst weiche Bildwirkung festlegen. Einstellungen wie "brillant" oder "intensiv" haben bereits eine hohe Grundschärfe, die man bei der Bearbeitung nicht mehr entfernen kann. Besser ist ein weiches Foto, das man nachträglich nach Belieben schärft.
Beispiel Irfanview: Bild -> Schärfen
In unserem Fall wurde das Foto bereits über die Automatische Korrektur geschärft. Für meinen Geschmack ist Irfanview dabei zu intensiv. Eine manuelle Auswahl der Schärfe gibt es leider nicht. Nach einer weiteren Auswahl von "Schärfen" ist das Foto bereits maßlos überschärft.

Ergebnis nach weiterem Schärfen mit Irfanview.

Beispiel Photoshop: Photoshop bietet eine Vielzahl von Mitteln und Wegen, um ein Foto nachträglich zu schärfen. Mein persönlicher Lieblingsweg ist über den Hochpassfilter. Schaut Euch hierzu am besten dieses Video an: Photoshop Schärfen mit dem Hochpassfilter

Ergebnis nach dezentem Schärfen über den Hochpassfilter mit Photoshop CS4.

 

Vergleicht man das unbearbeitete Original mit den bearbeitenden Versionen, dann ist wohl jedem klar, wie essentiell Bildbearbeitung ist.

Mit wenigen Handgriffen lässt sich jede Menge aus digitalen Fotos rausholen. Dabei muss es nicht unbedingt teure, namhafte Software sein - es gibt auch sehr gute kostenlose Programme, sowohl für den Anfänger, als auch für den Profi.